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Protest von zivilgesellschaftlichen Organisationen und politischen Parteien, 1. Mai 2004, Moskau. Quelle: www.golosinfo.org

Mission impossible - Wahlbeobachtung in Russland soll mundtot gemacht werden

 

Am 18.8.2021 hat das russische Justizministerium die unregistrierte Wahlbeobachtungsbewegung Golos zum „ausländischen Agenten“ erklärt.

„Mit dieser Entscheidung soll eine unabhängige Beobachtung der in genau einem Monat stattfindenden Dumawahlen verhindert werden. Sie ist ein weiteres Indiz dafür, dass bereits im Vorfeld der Wahl massenhafte Wahlfälschungen vorbereitet werde", sagt Stefanie Schiffer, Vorstand der Europäischen Plattform für Demokratische Wahlen (EPDE). „Die russischen Behörden müssen ihren verfassungsmäßigen und internationalen Verpflichtungen nachkommen und jede Unterdrückung der unabhängigen Wahlbeobachtung unterlassen.“

Erst Ende 2020 wurde mit einer Verschärfung der russischen NGO Gesetze die Möglichkeit geschaffen, auch nichtregistrierte Organisationen, die sich politisch betätigen und die ausländische Finanzierung erhalten, als „ausländische Agenten“ zu brandmarken. Die „Golos Bewegung“ ist die erste nicht registrierte Organisation, auf die dieses Gesetz nun angewendet wird. Sie blieb unregistriert, seitdem die Vorgängerorganisation „Assoziation Golos" in 2013 gezwungen war, ihre Aktivitäten einzustellen, nachdem sie massiven Betrug bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen Ende 2011 und Anfang 2012 aufdeckte. Bei der jüngsten Verfassungsabstimmung im Jahr 2020 meldete Golos zahlreiche Verstöße und behauptete, dass die Abstimmung weder russischen noch internationalen Standards entsprach.

Nachdem unter dem Vorwand der Pandemiebekämpfung bereits eine internationale ODIHR Wahlbeobachtung verhindert wurde und auch die Übertragung der Videoaufnahmen aus den Wahllokalen durch die Zentrale Wahlkommission erheblich eingeschränkt wurde, bedeutet diese jüngste Entwicklung, dass die Dumawahlen praktisch unter Ausschluss einer unabhängigen und professionellen Wahlbeobachtung stattfinden werden. 

Als „ausländischer Agent" unterliegt die Golos Bewegung erheblichen Berichtspflichten, sie muss ihre Tätigkeit von den Behörden genehmigen lassen und sie muss all ihre Veröffentlichungen als die eines „ausländischen Agenten" kennzeichnen, wobei sie die Beschlagnahmung aller technischen Geräte und Gefängnisstrafen riskiert. Potentielle Wahlbeobachter sollen durch die Stigmatisierung von einer Beteiligung an der Wahlbeobachtung abgeschreckt werden. Das Gesetz zielt auch darauf ab, zivilgesellschaftliche Wahlbeobachter von ihren internationalen Partnern zu isolieren.

Die Europäische Plattform für Demokratische Wahlen (EPDE) selbst wurde bereits 2018 kurz vor den Präsidentschaftswahlen vom russischen Justizministerium zur „unerwünschten Organisation" erklärt. Damit werden all ihre Tätigkeiten in der Russischen Föderation und mit russischen StaatsbürgerInnen kriminalisiert. 2018 musste die EPDE ihre Kooperation mit russischen Wahlbeobachtern einstellen. Die Mitgliedschaft von Golos in der EPDE wurde zeitweilig unterbrochen.

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